60 Fragen – Antwort 3
Darum geht es
Welche Unsicherheit treibt deine Leistung in die Höhe?
Meine wichtigste Unsicherheit im Moment ist die Frage, ob ich gut genug schreibe.
Wenn ich weiß, dass ich etwas gut kann, muss ich mir um Unsicherheit keine Gedanken machen. Ich weiß schließlich, was ich tue. Ich bin mir meiner Selbst sicher. Und tue souverän, was eben zu tun ist. Ohne blödes Gefühl in der Magengegend.
Souveränität fühlt sich so gut an. Selbstsicherheit ist der „Heilige Gral“ des Erwachsenseins.
„Ich bin 50!“ Ergo: Ich kann alles, weiß alles und auf jeden Fall, wie der Hase läuft.
Selbstsichere Menschen sind erfolgreicher. Wenn ich mich selbstsicher fühle, muss ich logischerweise auch erfolgreich sein. Und gut in dem, was ich tue.
ANDERERSEITS…
Aber warum sollte ich mir da besondere Mühe geben? Warum sollte ich über die Grenze meiner Komfortzone gehen? Vielleicht spule ich nur meine „Ich-kann-das-Routine“ ab. Bin so sehr auf Autopilot, dass ich weniger aufmerksam bin für das, was im Moment gerade passiert. Höre vielleicht nicht mehr richtig zu. Mache Fehler. Bin ich vielleicht doch nicht so gut, wie ich dachte?
– Oh Schreck! – da ist sie wieder, die Unsicherheit!
Aber das ist nicht schlimm, denn wie der alte, asiatische Weise Gerhard Hauptmann sagt:
„Sobald jemand in einer Sache Meister geworden ist,
sollte er in einer neuen Sache Schüler werden.“
Unsicherheit kann ein großartiger Motivator sein, wenn ich lerne, sie auszuhalten, statt sie zu verdrängen oder mich von ihr paralysieren zu lassen. Gemeint ist hier die „Unsicherheit“, ob ich etwas kann oder einer Aufgabe, einer Situation gewachsen bin. Ich bin besonders wachsam, weil ich jeden Moment mit einem Fehler rechne. Ich kann das hier eben noch gar nicht gut genug. Oder vielleicht – doch? Und dann hat es geklappt. Ich habe etwas Neues getan. Ich habe etwas gelernt. Oder es ist schief gegangen, dann habe ich auch etwas Neues gelernt.
In drei Sätzen zur Freiheit
„Das weiß ich nicht!“ – „Davon verstehe ich nichts!“ – „Das kann ich nicht!“
Denn im Grunde wissen wir doch: Nur Scharlatane behaupten, ALLES zu wissen, ALLES zu können. Alle anderen sind mindestens ab und zu unsicher. Und das ist auch gut so.
Manchmal muss ich aber „liefern“? Was dann?
Wie schön wäre es, wenn der Satz „Ich fühle mich da (noch) unsicher!“ nicht mit Augenrollen, dem Hinweis auf ein Selbstsicherheitstraining oder dem Satz „Wie unfähig kann man denn sein?“ beantwortet würde. Übrigens auch nicht von unserem inneren Kritiker! Vor allem der soll sich mal das Augenrollen verkneifen!
Wenn ich zugebe, dass ich unsicher bin, ob ich etwas kann, ist das doch allemal besser, als wenn ich vor lauter Angst vor Herabsetzung ein gründliches „fake it till you make it“ mit kapitalen Fehlern abliefere.
Wie wäre stattdessen ein neutrales oder sogar neugieriges „Aha! Erzähl‘ mal mehr! Warum denn?“. Dann kann ich an den Antworten auch etwas lernen.
Mit dem Prozedere muss allerdings auch irgendwann Schluss sein, sonst warte ich bis zum „Sankt-Nimmerleinstag“ auf den Zeitpunkt, an dem ich mich „wirklich bereit“ fühle. Gerade bei kreativen Vorhaben wie zum Beispiel dem Schreiben ist das hinderlich.
Aber wann ist denn dann der richtige Zeitpunkt, wann ist die Unsicherheit weg?
Ganz ehrlich? „Das weiß ich nicht!“
Immerhin habe ich einen Verdacht…
[Schreiberin grinst nervös, drückt „Publish“.]